Literatur-TANDEM-letterario 2024
Kommentar von Lisa Glöckler

Das Literatur-TANDEM-letterario 2024 ist ein Stipendium für junge Schriftsteller und Schriftstellerinnen aus Italien und Deutschland. Die AutorInnen haben eine Kurzgeschichte in ihrer Landessprache eingereicht. In einem deutsch/italienischen Tandem haben Sie die Kurzgeschichte des fremdsprachigen Partners in die eigene Landessprache übertragen.

Eines der sechs Tandems im Jahr 2024 sind Lisa Glöckler mit ihrer Erzählung zu hause sind wir drei und Isidora Tesic mit ihrer Erzählung La casa. In ihrem Kommentar zur Übersetzung des Textes La casa hat Lisa Glöckler geschrieben:

Wir haben uns früh dazu entschieden, in unseren Übersetzungen nah am Original zu bleiben. Beide hatten wir großen Respekt vor der Verantwortung einer Übersetzung und waren fasziniert von dem Prozess, einen Text in einer Sprache, die wir nicht beherrschten, inhaltlich, sprachlich und stilistisch zu transformieren und gleichzeitig so beizubehalten, wie er ist. …
Wir haben damit begonnen, unsere Texte mit verschiedenen Übersetzungstools in die jeweils andere Sprache zu übertragen und haben dabei vor allem versucht, den sprachlichen Aufbau und die Melodie der Texte zu verstehen.
… Nach ein paar Videocalls haben wir uns dazu entschieden, unseren eigenen Text zusätzlich noch einmal ins Englische zu übertragen, um der anderen Person eine bessere Kontrollmöglichkeit für die Übersetzung zu bieten. Das war äußerst hilfreich.
La casa von Isidora Tesic versetzte mich in ein Haus, ein architektonisch perfektes Gefängnis für Tomas und seinen Vater. Der Text besteht aus Bildern: Tomas in der ersten Etage, sein Vater im Erdgeschoss. Tomas ertrinkend, sein Vater erstarrt am Ufer. Die Geschehnisse scheinen unausweichlich. Die Dichte des Textes und die große sprachliche Genauigkeit ziehen die Lesenden in die von Würmern befallen Wände und lassen sie Tomas und seinen Vater beobachten, dabei wie sie am Leben bleiben, aber nicht leben, sich abgrenzen, aber sich nicht trennen.

Lisa Glöckler

Hier der ganze Kommentar von Lisa Glöckler:

Wir haben uns früh dazu entschieden, in unseren Übersetzungen nah am Original zu bleiben. Beide hatten wir großen Respekt vor der Verantwortung einer Übersetzung und waren fasziniert von dem Prozess, einen Text in einer Sprache, die wir nicht beherrschten, inhaltlich, sprachlich und stilistisch zu transformieren und gleichzeitig so beizubehalten, wie er ist. Schnell stellte sich heraus, dass unser Schreibstil kaum unterschiedlicher hätte sein können. Das war eine zusätzliche Herausforderung, aber auch sehr spannend, mit einem anderen Schreibstil zu arbeiten.

Wir haben damit begonnen, unsere Texte mit verschiedenen Übersetzungstools in die jeweils andere Sprache zu übertragen und haben dabei vor allem versucht, den sprachlichen Aufbau und die Melodie der Texte zu verstehen. Nach ein paar Videocalls haben wir uns dazu entschieden, unseren eigenen Text zusätzlich noch einmal ins Englische zu übertragen, um der anderen Person eine bessere Kontrollmöglichkeit für die Übersetzung zu bieten. Das war äußerst hilfreich. Ich hatte während der Arbeit an der Übersetzung in der Regel alle drei Dokumente (Italienisch, Englisch und Deutsch) geöffnet und habe verschiedene Wörter und Satzstellungen ausprobiert und mit La casa und The house abgeglichen. Am Anfang hatte ich Sorge, dass durch die englische Übersetzung etwas verloren gehen, aber für mich hat es sich wie ein Gewinn angefühlt, die sprachlichen Möglichkeiten aller drei Sprachen miteinzubeziehen.

La casa von Isidora Tesic versetzte mich in ein Haus, ein architektonisch perfektes Gefängnis für Tomas und seinen Vater. Der Text besteht aus Bildern: Tomas in der ersten Etage, sein Vater im Erdgeschoss. Tomas ertrinkend, sein Vater erstarrt am Ufer. Die Geschehnisse scheinen unausweichlich. Die Dichte des Textes und die große sprachliche Genauigkeit ziehen die Lesenden in die von Würmern befallen Wände und lassen sie Tomas und seinen Vater beobachten, dabei wie sie am Leben bleiben, aber nicht leben, sich abgrenzen, aber sich nicht trennen. Die Atmosphäre und die Psychologie der Figuren sind faszinierend und ich bin sehr froh, dass ich diesen Text übersetzen dürfte.

Vielen Dank für die tolle Zusammenarbeit, Isidora! Ich hätte es mir nicht besser vorstellen können!

Lisa Glöckler