Von Freitag den 29.9.2023 bis Sonntag den 1.10.2023 haben sich die Autorinnen und Autoren des TANDEMS 2023 in Wiesloch getroffen.
Nach einem gemeinsamen Treffen am Freitagabend in Wiesloch war am Samstag die Lesung der Autoren und Autorinnen im Interkulturelles Zentrum Heidelberg.
Eine gemeinsame Veranstaltung des Interkulturelles Zentrum Heidelberg, Volare e.V. Heidelberg und der Heimann-Stiftung Wiesloch.
Hier als kleiner Eindruck von der Lesung einige Beispiele aus den Kommentaren der AutorInnen über die Zusammenarbeit im TANDEM und die Wege, die sie bei der Übersetzung gewählt haben.
Als ich zum ersten Mal in “I sospiri nascosti” von Giulia Orati hineinlas, starrten dutzende fremde Augen aus dem Text auf mich zurück … Wir mussten einander erst einmal kennenlernen … Und je mehr ich über diesen außergewöhnlichen Cast erfuhr, je tiefer stieg ich in diese fein gearbeitete Geschichte ein, entwickelte ein Auge für ihre Doppelbödigkeit, ihren Humor und diesen spezifischen Schmerz, der entsteht, wenn eine neue Welt eine alte ablöst.
Lena Schätte
In dieser Zeit unterhielten sich Lena und ich oft, besonders nachts – so sehr, dass wir diese Stunden unsere „Vampirmomente“ nannten … Bei der Übersetzung habe ich versucht, so wörtlich wie möglich zu sein … Tatsächlich hat Lena einen sehr straffen Stil mit kurzen, prägnanten Sätzen. Sie redet viel mit Bildern und Details. Das Knarren einer Treppe im Morgengrauen, die Weichheit der Kissen im Kontrast zum Gewicht der Person, die darauf ruht, die Seltsamkeit einer Handvoll Süßigkeiten, die bereits ausgepackt und so in die Tasche gesteckt sind, wie sie sind …
Guilia Orati
Elena hat den perfekten Titel (Stasi – Stillstand) für ihren Text gewählt, und ich finde kein Wort im Deutschen, das in ähnlicher Weise drei oder mehr unterschiedliche Interpretationsanstöße für den Text liefert. Das tut weh. … Ich bin froh zu merken, das Deepl und ChatGPT noch kein literarisches Fassungsvermögen haben, oder zumindest keines, das ich als dem Text gerecht werdend empfinde, die Frage ist aber natürlich, ob mein Gehirn da den besseren Ersatz liefert. Ich habe es versucht. ChatGPT hat mich gefragt, ob ich ihm beibringen kann, literarisch zu schreiben, der Schlingel, ich hab nein gesagt, bin vielleicht etwas zu streng geworden im Tonfall, ChatGPT hat sich aufgehängt.
Clara Leinemann
Es gibt wunderschöne deutsche Wörter: Sie brauchen Zeit, um ausgesprochen zu werden, sie schwingen mit einer anderen Musikalität mit, aber vor allem haben sie unübersetzbare Bedeutungen in sich. … Ich glaube, dass die besondere Atmosphäre, die Clara schafft, untrennbar mit der Verwendung der indirekten Rede verbunden ist, vor allem aber mit der freien indirekten Rede, die sich durch die ganze Geschichte zieht: Dialogzeilen ohne Anführungszeichen, Verschwinden der bestimmenden Verben, Gedanken usw. Dialoge, die sich überschneiden – ohne immer klar zu sein, wer was zu wem sagt, wer denkt, ohne etwas zu sagen, wer sagt, ohne über irgendwelche Implikationen nachzudenken, wer sagt, ohne es wirklich sagen zu wollen …
Elena Pineschi
Leider wird die freie indirekte Rede im Italienischen viel seltener verwendet als im Deutschen, und im Allgemeinen denke ich, dass sie andere Empfindungen vermittelt: Aus diesem Grund habe ich Teile der Geschichte komplett neu geschrieben und dabei verschiedene Techniken untersucht, die für jeden Absatz geeignet sind …
Die Stiftung hat 2022/2023 zum dritten Mal das Stipendium Literatur-TANDEM-letterario ausgeschrieben. Ein Stipendium für SchriftstellerInnen aus Italien und Deutschland, die jeder eine Kurzgeschichte des anderen Autors oder der Autorin übersetzen oder kreativ nacherzählt haben. Das Ziel der Stiftung ist es, die SchriftstellerInnen in Deutschland und Italien bekannter zu machen und den intellektuellen und interkulturellen Austausch zwischen deutschen und italienischen SchriftstellernInnen zu fördern..
Die Autorinnen und Autoren des Literatur-TANDEM-letterario 2023
Die sechs deutschen und sechs italienischen AutorenInnen des TANDEM 2023 wurden aus 79 Bewerbungen ausgewählt. Alle teilnehmenden AutorenInnen, darunter viele Preisträger, zeichnet eine rege schrifststellerische Tätigkeit mit eigenen Veröffentlichungen aus.
Das Projekt wird zusammen mit dem Istituto Italiano di Cultura Stoccarda und der Buchhandlung Eulenspiegel in Wiesloch durchgeführt.